Mit Inkontinenz auf Reisen – ein lösbares Problem

Mit Inkontinenz auf Reisen – ein lösbares Problem

Aktuelles: Mit Inkontinenz auf Reisen – ein lösbares Problem

Foto: Expertin Frau Prof. Dr. Ursula Peschers

Wer früher an Inkontinenz erkrankte, war oft zu einem isolierten Dasein in der Nähe der eigenen Toilette verurteilt. Dank moderner Therapien und Hilfsmittel hat sich das mittlerweile geändert. So ermöglichen beispielsweise gut aufsaugende Vorlagen die gewohnte Teilhabe am sozialen Leben. Dennoch scheuen sich viele Betroffene, die bekannte Umgebung zu verlassen und Urlaub zu machen. Denn wie übersteht man die Anreise? Gibt es am Urlaubsort die Möglichkeit, sich mit Hilfsmitteln zu versorgen?

Prof. Dr. Ursula Peschers, Chefärztin für Gynäkologie, Urogynäkologie und rekonstruktive Beckenbodenchirurgie am Kontinenz- und Beckenboden-Zentrum München kennt die Herausforderungen, die eine Reise an Inkontinente stellt. Sie gibt die wichtigsten Tipps für einen gelungenen Urlaub.

1. Extragepäck beim Flug

Hilfsmittel können auf einigen Flügen als kostenloses Sondergepäck aufgegeben werden. Wichtig ist, dies bereits bei der Buchung anzukündigen. Über die aktuellen Konditionen informiert die jeweilige Fluggesellschaft. Ein Vorrat an Einlagen oder Tampons für einige Tage gehört aber immer ins Handgepäck, falls das Fluggepäck verloren geht.

Um die Abfertigung am Flughafen zu erleichtern sollte man ein ärztliches Attest über den Bedarf an Hilfsmitteln und Medikamenten mitführen. Für bestimmte Produkte gibt es als Formular hierfür einen bereits mehrsprachig formulierten Hilfsmittelpass, der über den Hersteller zu beziehen ist.

2. Autoreisen

Wer mit dem eigenen Auto anreist, kann einfacher mitnehmen, was benötigt wird. Doch was tun, wenn plötzlich ein Stau entsteht? Für diese Notfälle gibt es Einwegtoiletten im einschlägigen Online-Versandhandel und bei Outdoor-Ausstattern zu kaufen. So bestimmt nicht das Reisetempo den Wohlfühlfaktor. Eine zusätzliche Übersicht über die Rastplätze auf Ihrer Route ist über den Routenplaner des ADAC online unter http://maps.adac.de/ verfügbar.

Und wer ganz sicher gehen will, dass er nicht an der Schlange für die Toiletten anstehen muss, kann sich den Euroschlüssel besorgen. Dieser ermöglicht europaweit Zugang zu Behindertentoiletten. Zu beziehen ist der Schlüssel beim CBF Darmstadt, Pallaswiesenstr. 123a, 64293 Darmstadt gegen ein entsprechendes Attest und eine Gebühr von 20,00 Euro. Details unter www.cbf-da.de.

3. Medikamente unterwegs

Am einfachsten ist die Medikamentenversorgung im Urlaub, wenn der Arzt vorher einen ausreichenden Vorrat verschreibt. Auch in diesem Fall sollten die Arzneimittel auf Handgepäck und Reisegepäck verteilt werden. Damit nichts schiefgehen kann, sollte man sich erkundigen, wo am Urlaubsort die nächste Apotheke zu finden ist.

4. Hilfsmittel und Medikamente am Urlaubsort beschaffen

Wer keine Möglichkeit sieht, einen Vorrat der vertrauten Präparate mitzuführen, sollte den Hersteller kontaktieren. Bei Auslandsreisen ist es wichtig zu wissen, unter welchem Handelsnamen das Medikament in dem betreffenden Land geführt wird. Diesen kann man beim Hersteller erfragen. Die Produzenten von Hilfsmitteln können Patienten eine Übersicht der Vertriebspartner im jeweiligen Urlaubsland zukommen lassen. Leider gibt es jedoch Länder, in denen Hilfsmittel nur sehr schwer oder gar nicht zu beschaffen sind. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, sich selbst ein Paket mit allem, was benötigt wird, an den Urlaubsort vorauszusenden.

5. Entsorgung von Hilfsmitteln unterwegs

Unterwegs stellt sich häufig heraus, dass es gar nicht so einfach ist, Hilfsmittel auch wieder zu entsorgen. Hier hat es sich als große Hilfe erwiesen, immer Mülltüten, die man zuknoten kann, dabeizuhaben. Diese können dann guten Gewissens auch neben den häufig viel zu kleinen Abfallcontainern deponiert werden.

6. Ruhiger Nachtschlaf

Das Gefühl von Sicherheit ist eine wichtige Voraussetzung für einen gesunden Schlaf. Doch häufig werden im Moment des Einschlafens Zweifel wach, ob die eingesetzten Hilfsmittel auch wirklich dicht halten. Um diesen Zweifeln vorzubeugen und sich den Gang zum Hotelpersonal zu ersparen, falls wirklich mal ein Malheur passiert, ist es sinnvoll, auch eine wasserdichte Bettauflage einzupacken.

Insgesamt bedeutet es etwas mehr Aufwand, bei der Urlaubsreise die Inkontinenz zu berücksichtigen. Wer zum ersten Mal auf diese Art verreist, sollte auf jeden Fall seinen Arzt ansprechen, was noch zu bedenken ist und generell abklären, ob die Behandlung optimiert werden kann. Geeignete Ansprechpartner sind zum Beispiel die durch die Deutsche Kontinenz Gesellschaft zertifizierten ärztlichen Beratungsstellen oder Kontinenz- und Beckenboden Zentren. Eine entsprechende Liste ist auf http://www.kontinenz-gesellschaft.de zu finden.

 

Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V. hat es sich als gemeinnützige, medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft seit 1987 zur Aufgabe gemacht, Inkontinenz aus der Tabuzone zu holen und den Weg frei zu machen für eine verbesserte Diagnose, Behandlung und Prävention von Harn- und Stuhlinkontinenz. Dafür steht bundesweit ein interdisziplinärer Expertenrat aller betroffenen Fachrichtungen zur Verfügung. Mit der Zertifizierung von ärztlichen Beratungsstellen sowie Kontinenz- und Beckenboden-Zentren und der Veranstaltung von Fortbildungen trägt die Deutsche Kontinenz Gesellschaft maßgeblich zur Qualitätssicherung in der Behandlung und Beratung von Menschen mit Inkontinenz bei.